Brief an die Bundespsychotherapeutenkammer vom 02. April 2008:

 

 

Rainer Mannheim-Rouzeaud

- Diplom-Psychologe -

 - Psychologischer Psychotherapeut -

 

Praxis:

Karlstraße  120

76137   Karlsruhe

Tel.: (0721) 821814

Internet:
www.r-mannheim.de
info@r-mannheim.de

 

 

02.04.2008

An das

Präsidium

der Bundespsychotherapeutenkammer
Klosterstraße 64
10179 Berlin

 

 

Betr.: Patientenschädigung durch undifferenzierte Diagnostik

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

die Einordnung der Psychotherapie in den medizinischen Betrieb bringt eine Reihe von Problemen mit sich, die dringend einer Lösung bedürfen. Ein solches vordringliches Problem ist die mit einer Psychotherapie zur Zeit verbundene mögliche Schädigung des Patienten infolge einer undifferenzierten Diagnostik.

 

Zur Durchführung einer von Krankenkassen finanzierten Psychotherapie ist bekanntlich eine Diagnosestellung nach ICD-10 zwingend erforderlich. Die so erstellten Dia­gnosen differenzieren jedoch nicht hinsichtlich des Schweregrades einer psychischen Störung. So kommt es, dass Patienten mit derselben Diagnose einmal während einer Psychotherapie voll erwerbstätig, das andere Mal aber aufgrund derselben Diagnose längere Zeit krank geschrieben sind.

 

Von den Versicherungen (z. B. Berufsunfähigkeit; private Krankenversicherungen) wird Psychotherapie als Indiz für eine schwere Erkrankung gewertet. Das kann – vor allem für junge Menschen – zu einer erheblichen (mindestens finanziellen) Schädigung führen, weil Versicherungen ablehnen oder erhebliche Beitragsaufschläge verlangen, die dann lebenslang gezahlt werden müssen. Bei der zur Zeit üblichen Praxis kann man jungen Menschen eigentlich nicht mehr guten Gewissens eine Psychotherapie empfehlen. Über diese „Nebenwirkungen“ von Psychotherapie wird zudem so gut wie nie aufgeklärt. Hier besteht also dringend Handlungsbedarf.

 

Als Sofortmaßnahme schlage ich daher vor, als Differenzierung für den Schweregrad einer psychischen Störung nach ICD-10 die Anzahl der Krankheitstage aufgrund dieser Diagnose einzuführen. Gleichzeitig ist darauf hinzuwirken, dass Patienten, die während einer Psychotherapie nicht (oder nur kurzfristig) wegen dieser psychischen Störung arbeitsunfähig krank geschrieben sind, keinerlei Nachteile aus der Psychotherapie haben dürfen.

 

 

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Da die Lösung dieses Problems dringlich ist, kann eine zweistufige Umsetzung sinnvoll sein:

 

  1. Sofortige Umsetzung in den Fällen, in denen keine Krankschreibung wegen der behandelten psychischen Störung erfolgt bzw. erfolgt ist. (Von den Versicherungen sind solche Patienten einzustufen gleich denen, die keine Psychotherapie in Anspruch genommen haben.)
  2. Möglichst rasche Klärung, was in diesem Zusammenhang „kurzfristig“ bedeutet und eindeutige Festlegung mittels der Anzahl der Krankheitstage. Als „kurzfristig“ könnte z. B. eine bis zu zweiwöchige Krankschreibung im Krankheitsfall eingestuft werden.

 

Dieses Problem sollte natürlich in Zusammenarbeit mit der Ärztekammer und den Krankenkassen gelöst werden, aber es ist evident, dass die Initiative hierzu sowie die rasche Umsetzung von den Psychotherapeuten aus erfolgen muss.

 

Abschließend darf ich noch darauf hinweisen, dass der gegenwärtige, oben beschriebene Zustand viele Psychotherapeuten dazu veranlasst, möglichst Diagnosen zu stellen, die man „nach außen“ als leichte Erkrankungen einstufen kann. Das führt dann wieder auf der anderen Seite zur Behauptung, Psychotherapeuten behandelten nur die „leichten“ Fälle, die man eigentlich gar nicht zu behandeln bräuchte.

 

Gerne bin ich bereit, in einer eventuell zu bildenden Arbeitsgruppe mitzuarbeiten. In der Hoffnung, dass mein Vorschlag zu einer baldigen Problemlösung beiträgt, verbleibe ich

 

 

mit freundlichen Grüßen

 

 

 

 

Eine Kopie dieses Briefes wurde per Email versandt an:

-        Landespsychotherapeutenkammer BW;

-        VPP im Berufsverband Deutscher Psychologen;

-        VPP-Landesverband BW

 

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